Mittwoch, 8. Februar 2023

Schwere Wörter

Bin da mal über Wörter gestolpert, die völlig willkürlich im Duden herumlagen. Misogynie und Misandrie. Krankhafter Geschlechterhass. In überspitzter Form ist das in etwa die harmlosere Analogie von Maskulinisums und Feminismus.  Stellt euch vor im Stadtpark kackt eine Bordeaux Dogge auf den Weg und ihr blafft den Besitzer an „Ey du Honk, mach ma den Haufen von deinem Chihuahua weg!“ Da tut sich schon eine Diskrepanz auf. Verstanden?

Der Idealfall wäre Gleichberechtigung, also ungefähr Schäferhund. Aber wenn es um Gleichberechtigung geht, öffnet sich da schnell ein unvereinbar scheinender Widerspruch.

Hier:

 

Geht der Mann in die Tittenbar, dann:

- bestellt er mindestens 2 heillos überteuerte Flaschen Bier, handwarm und fern von blumig und überantwortet diese mit verschwitzter Nervosität der oralen Verklappung.

- Er stopft nervös das im Schweiße seiner Knechtschaft erbettelte Geld osteuropäischen Putzfrauen oder Fremdsprachenstudentinnen in das Strumpfband.

- Sollte er zusätzlich im Sumpfe alkoholischer Inkompetenz fehlgesteuerten Träumen nachhängen und deshalb unter den Tisch sabbern,

…gilt er als sexistisches, von niederen Beweggründen getriebenes altes Schwein. Dabei tut er nichts anderes als lokale Arbeitsplätze zu sichern, kommunale Steuereinnahmen zu generieren und der Frauenquote eine positive Bilanz zu verschaffen.

 

 

Wenn hingegen seine Frau und ihre nervigen Freundinnen mit Müller-Busreisen in die nächste Dorfschenke gekarrt werden, um:

-bei den B-Ware-Chippendales in die Hysterie eines brennenden Hühnerhofes zu verfallen

-beim Männerstrip Serienfotos als Andenken für das Familienalbum zu schießen

-gern auch mal der eingeölten Frikadelle eins hinten draufgeben

dann war das ein kulturell ansprechender Abend, und wird gern für den Rest des Lebens mit offener Begeisterung auf Geburtstagen, Beerdigungen und Jugendweihen geteilt. 

 

 

Ich wollte damit keinesfalls irgendwas werten und wüste Diskussionen anstoßen. Ich bringe lediglich zum Ausdruck, dass ich in Konrads Buch beim Buchstabe „M“ angekommen bin. Danach kommen die „N“ Wörter. Ihr solltet auch mal wieder was lesen!

Montag, 6. Februar 2023

Newsflash Februar 23

 


In der Punkszene regt sich Widerstand gegen das geplante 49 Euro Ticket.

„Viel zu teuer.“ sagt Ratte aus Berlin, „Da brauchen wir mehr Vorlaufzeit, die Marktlage ist angespannt. Niemand rückt mehr so freigiebig mit einem Euro raus. Um die anfallenden Kosten zu decken, braucht es eine umfassende Analyse des durch Inflation veränderten Verbraucherverhaltens. Dafür werden wir eine Expertenkommission ins Leben rufen. Aber das wird dauern.“

Und Pestbeule aus Hamburg weiß: „Die DB und die Bundesregierung agieren an ihren Kunden vorbei. Wir Punks haben Gesprächsbereitschaft signalisiert, werden aber weitestgehend ignoriert. Wir streben rechtliche Schritte gegen das Establishment an und sind bereits in Kontakt mit Gregor G.“

Das Rathaus Westerland demonstriert Entschlossenheit; „Und wenn wir die Kurtaxe verzehnfachen müssen um die DB mit einem „100 Euro-only“ Ticket zu stützen, dann werden wir das tun!“

Morchel aus Leipzig hat dafür nur Verachtung über; „Sylt war sowieso Scheiße! Arschkalt und windig. No Future für diesen Steinhaufen. Wir sollten alle nach Jamel gehen, da rockts auch.“

 

 

Graf Zahl ist in der Sesamstraßenpartei in Ungnade gefallen. Wegen anhaltend negativen Gleichungen ist es zu Brüchen gekommen, die sich proportional zu seinen nicht aufgehenden Rechnungen multiplizieren, sodass sie in der Summe zu einem negativen Ergebnis führten. Der Graf weigert sich zwar vehement gegen das Subtrahieren seiner Selbst, da er für seine Position aber keinen Teiler findet und niemand mit ihm auf einen Nenner kommen will,  wird er wohl unterm Strich den Kürzeren ziehen.

Groby Merz ließ verkünden, man müsse das Problem bei der Wurzel packen.

 


 

Nachdem der Leopard Panzer 1,2,3 durch den Bundestag gewunken wurde und in der Ukraine endlich der große Donner losgehen soll, braut sich neues Ungemach zusammen. Der Zulieferer Pneumorost musste vertrauenswürdigen, russischen Quellen zufolge einräumen, dass die Kettenluftpumpen im Handbetrieb nicht genug Druck aufbauen können, um die Panzer vollumfänglich einsatzbereit zu machen. Bei abweichendem Kettendruck drohe dauerhaftes Kreisfahren, was die Geschoßnavigation äußerst unpräzise werden lässt.

Pneumorost bittet um Entschuldigung und bietet als Übergangslösung mehrere Tonnen Panzertape an.

 

 

Der Chinese nutzt alle Mittel der Hochtechnologie und der Spitzenwissenschaft und hat sich das große Ziel gesteckt, mit einem Fesselballon in 80 Tagen um die Welt zu fliegen. Da aber hat er die Rechnung ohne den Amerikaner gemacht, der sich zu wehren weiß, wenn Fremde durch seine Hintertür kommen. Auf dem Bild zwei patriotische Rednecks während der heldenhaften Verteidigung ihres Moonshine Labors mit angegliederter Methküche.

 


 

 

 


Fachkräftemangel

Es gibt Journallien, bei denen das BaföG hoffnungslos in den Sand gesetzt wurde. So zum Beispiel Frau Lehfeldt von Springers „Welt“ Die war sich bei folgendem sicher:

„Heute vor 78 Jahren befreite die Rote Armee Fraktion die Überlebenden des deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz."

Was kommt dann als nächstes? Ließ der Führer die Landshut kidnappen?  Wurde Paulus in Stalingrad von der Baader/Meinhof Bande unterwandert? Saß Schleyer in Wahrheit in einem sibirischen Gulag?

Einzig gesichert ist - die Sache mit der Mauer und Hasselhoff …in irgendeinem Universum wird das schon stimmen.

So was kommt dabei raus, wenn Helikoptereltern ihren Sprösslingen einen höheren Bildungsweg aufdrängen. Schuhe verkaufen kann doch auch eine ehrenwerte Beschäftigung sein.

 


Sachen gibt´s

Eine 8 x 6 Millimeter große Cäsium 137 Kapsel war zwischen dem 12. und 16. Januar beim Transport von einer Eisenerzmine in Australien auf einer 1400 Kilometer langen Strecke vom Lastwagen gepurzelt. - Das Warum und Weshalb muss ich an dieser Stelle aus Unwissenheit ausklammern. - Erst beim Ausladen, Tage später, wurde ihr Verlust entdeckt. Und jetzt haben die die Strahlemurmel tatsächlich wiedergefunden.

Und ich suche seit wie lange meine 2- Meter Wasserwaage im Keller. Hat da mal jemand ne Telefonnummer?

 

Freitag, 27. Januar 2023

Im strukturschwachen ländlichen Raum des wilden Ostens!


Hier darf der Mensch noch Mensch sein, muss sich um nichts scheren, was die aus der Stadt aushecken. Hier gibt es kein vernünftiges Internet, der Bus kommt 2 x am Tag und die Bahntrasse ist schon lange stillgelegt.Der Tante-Emma-Laden hat vor 10 Jahren dicht gemacht und die Kneipe gibt es auch längst nicht mehr. Wer einen saufen will, tritt der Freiwilligen Feuerwehr bei.

Der Straßenbelag hat häufig noch Bekanntschaft mit den schwedischen Truppen im 30jährigen Krieg gemacht. An jeder Ecke riecht es nach Mistgabel und Fackel.

Wer ländliche Einsamkeit sucht, der zieht nach „Janz weit Draußen“. Hier wird noch jeder Traum eines urbanen Öko - Hipsters zum Alptraum. Hier riecht Gülle nach echter, luftgereifter Schweinescheiße, hier fährt man mit dem Traktor zum Briefkasten, hier kriegt man keinen Schnupfen oder andere Großstadtallergien. Und wenn die Sau vom Dorfvorsteher an Maul und Klauenseuche verreckt, treibt sie danach noch eine Woche aufgebläht im Dorfteich, ohne dass es einem komisch vorkommt. Hier holt man sich das Wasser für das wöchentliche Fußbad und Hornhautschrubben noch mit dem Holzeimer aus dem Ziehbrunnen. Hier kann man sich vom Biesam bespringen lassen und ansonsten in Ruhe sterben.

So funktioniert Landleben heute im Osten. Abgenabelt vom Stress der Metropolen, lebt man hier ein trotziges Leben.  Da knatterte ein höchstens 12-jähriger Knirps auf einem selbst zusammen geschraubten Lanz Bulldog die Dorfstraße hinab. Hinten dran einen Hänger voller dampfender Scheiße. Der verheizte so viel Diesel und Methan, wie es das Gaspedal und das Rektum seines Weideviehs zulassen. Interessiert hier niemanden. Wenn ich in absehbarer Zeit zurück auf mein Heimatdorf ziehe, mache ich das auch. Ich besorge mir einen Traktor und einen Berg Nutztierscheiße und tuckere damit sonntags um die Eiche. Nur so, weil das hier so gehört!

Ist auch kaum jemand auf den Straßen der abgelegenen Dörfer zu sehen, und die paar Hansel die hinter den Gardinen Auswärtige erspähen, sind geübt im nicht blinzeln. Ein Fremder auf dem Fahrrad beispielsweise! Auf so was kommt hier keiner – Fahrrad fahren, nur so, zum Spaß! Auf dem Lande benutzt man das Fahrrad nur, weil es einen Lenker hat, an den man die Gießkanne für den Friedhof hängen kann. Oder die Beutel mit den Bierflaschen.

Oder Abfallbeseitigung. Da wird der direkte Weg genommen. Ich meine, selbst die Feuerwehr hat das Osterfeuer noch vor ein paar Jahren nur abgenommen, wenn nicht mindestens ein Dutzend Autoreifen drinsteckte. Solche Traditionen treiben Städter, die vom echten Leben keine Ahnung haben, doch nicht so einfach aus.

Feuertonne im Garten beispielsweise. Das ist Gesetz! Mit Inbrunst wird geflechst und geschlitzt. Am Boden noch 4 Liter Öl. Ignorieren. Drüber hinwegsehen. Das kürzt sich irgendwann von selbst aus der Gleichung. Solche Probleme löst die Zeit.

Aus den Augen aus dem Sinn und deshalb einen riesigen kleistrigen Ball alter Tapetenreste zusammengeknüllt und luftdicht in die Tonne gestopft. 3 Wochen stehen lassen.

Dann bei bestem Kokelwetter Benzin drüber und mit gebührendem Abstand, mit gefühlvollem Bogenwurf von unten nach oben und geschmeidigem Schulterschwung, dabei den Oberkörper leicht nach vorn geneigt und das linke Bein etwas angehoben, um das Gleichgewicht zu wahren – ein Kaminstreichholz hinterher.

Die Welt färbt sich weiß, eine alte russische Panzerabwehrkanone erwischt punktgenau den Überschallflieger, der mit dem lautesten Knall seit dem Aussterben der Saurier direkt über der Tonne Mach 1 erreicht, Trommelfelle platzen, Hitze steigt fauchend in den Himmel (wie damals 86, als die Challenger explodierte) und eine Druckwelle bügelt die Hosennaht exakt auf Falte.

„War das eine Druckwelle“ erschrickt eine weit entfernte Frauenstimme von jenseits der alten Mauern, die gerade einen Teil ihres Putzes abgeben, während verträumte Augen die brennende Tapetenkugel 10 Meter über dem Kopf des Sprengmeisters begeistert in der Luft schweben sehen. Mit dem Rauschen eines entgleisenden Güterzuges rast sie daraufhin wieder hinab und verschwindet in der Mündung der Tonne, als wäre nie etwas passiert.

„Ist etwas passiert?“ schrillt die Frauenstimme wieder durch taube Ohren.

„Damals in der Schule waren Sprachen und Geschichte meine Lieblingsfächer!“

„Hä?“

„Hä?“

Im strukturschwachen ländlichen Raum sind die Probleme der Welt unbedeutend, denn es gibt dort nichts, was sich nicht mit einem knisternden Feuer im Garten und einem Kasten Bier aussitzen ließe. Dazu braucht es nur noch eine Portion trotziger Naivität.

Das Leben ist schön!

 

…brennen grüne Gummistiefel eigentlich mit grüner Flamme?

Sonntag, 18. September 2022

Meine lieben Waschlappenversteher

 

Werte Landsleute, Beutelgermanen und Waschlappenstricker.

 
In Anbetracht des bevorstehenden Winters, den uns der Russe aus dem Osten schickt, haben wir jetzt die einmalige, historische Chance wieder zu alter Stärke zurückzufinden. Wir sollten uns nicht beklagen, sondern die Gelegenheit beim blonden Schopfe packen und uns unserer Tugenden besinnen.
Wann hat uns Kälte jemals Angst gemacht? Unsere Vorfahren haben einst in tiefsten Wäldern dem Italiener getrotzt, nur mit Bärenfell und Fackel! Als treue Gemeinschaft unter dem teutonischen Eichenbaume haben die Ahnen standgehalten. Besinnt euch darauf. Volksleute, wankt jetzt nicht, ihr werdet nicht erfrieren, nicht Frostbrand wird euch in die Knie zwingen noch Gier, Geiz und Elektroautos einer dem Volke entrückten Herrscherkaste. 
 
Es ist Zeit, der Zinkwanne wieder ihren Platz auf dem Hofe zuzuweisen und mit frischem Brunnenwasser zu befüllen. Dann stellt euch hinein, wie der Herr euch erschuf, greift beherzt zu Jutelappen und Kernseife und legt Hand an Euch. Ihr werdet rein im Geiste und sauber am gestählten Körper sein! Euer Wille wird triumphieren, wenn ihr euren Leib stählt. Zittert Euch warm wie Espenlaub, bis ihr schwitzt. Ihr wollt doch keine Waschlappen sein! Ihr habt der Pandemie getrotzt, dem Dieselskandal, Windrädern, Winnetou, Regenbögen und der Aufweichung der hehren Muttersprache. Und jetzt habt ihr wieder die Gelegenheit zu zeigen, wer Amboss und wer Hammer ist.
Der Deutsche braucht weder Gas noch Strom, ihm reicht ein Teelichtofen in der guten Stube. Heizung auf Stern und Stolz in der Brust. 
 
Teutonen, nutzt die Gunst der Stunde und belebt die alten Berufe, die den Geist einer geeinten Nation in sich tragen. Kohlenmunk und Brikettpeter werden es euch danken. Und grüßt die Kumpel in der Braunkohle, die ihre Bagger anwerfen. Bader und Barbiere werden wieder mit Handkarren übers Land ziehen, Die Abtrittanbieterin wird an den Türen schellen und mit ihren Eimern und ihren Diensten aufwarten. Der Filzmacher wird euch mit wärmenden Kragen und Stiefeln beliefern. Der 9 Euro Ticket Verkäufer (meist ein umgeschulter Tankstellenangestellter) baut an jeder Kuhbläke neue Bushaltestellen für Pferdefuhrwerke. 
 
Ihr werdet euch weder vom Sturm aus der Russei, noch vom Lüftchen aus der Reichshauptstadt beirren lassen. Fleiß und Disziplin sind eure Waffen in dunkelster Stunde und werden eure Zukunft hell und warm erleuchten.
Und habt keine Angst eure Ersparnisse durch scheußlich inflationäre Umtriebe zu verlieren. Ihr braucht sie nicht, wenn ihr als Volksgemeinschaft Hand in Hand, Schulter an Schulter dem Morgen zugewandt seid.
Verzagt nicht, arbeitet diszipliniert an eurer Zukunft und erfreut euch an den Herausforderungen der kommenden Monate, denen ihr mit Freude und hohen Erwartungen entgegenblicken dürft.
 
Ein Hoch auf den Germanen, der nun endlich kein Waschlappen mehr ist!

Montag, 6. Juni 2022

Der Annex, oder Der Traum vom perfekten Ferienhaus in Schweden


 

Meine Frau präsentierte stolz den Annex als unser Ferienhäuschen.

„Sieht doch gemütlich aus, so schön schwedisch.“

Ich weiß nicht, wie schwedisch aussieht, aber wenn die Lönneberga/Lindgren Romantik damit gemeint ist, dann ist der Annex der Holzschuppen mit Michels Schnitzereien direkt gegenüber dem Haupthaus. Wer will da nicht Ferien machen. Das steht auf meiner Liste ganz oben, gleich nach der Hewitt/Sawyer Farm und dem Crystal Lake.

Der Annex ist ein Nebengebäude und eigentlich so was wie der Appendix. Der war vor Äonen mal zu was gut, wofür weiß aber nur noch die Alte in der Hühnerbeinhütte, wenn sie ihre Glaskugel anspuckt. Der kann eigentlich weg, findet sich bloß keiner, der den für die Abwrackprämie der Versicherung schön redet.

Als letzte Lösung, bevor er zur Trockenkammer für Räucherfisch wird oder gegebenenfalls als Filmkulisse für einen Wallander Krimi, in dem der Serienmörder die Torsos seiner Opfer bis unter den Fliegenfänger stapelt, macht eben der doofe Deutsche Urlaub drin.

Und der Eigentümer/Opa/lustiger Spinner präsentiert die muffige Bude auch mit allen seinen Vorteilen. Das Baujahr erwähnt er dabei nicht, das muss schon ein paar Generationen in der Vergessenheit liegen und gelüftet hat seitdem auch keiner mehr. Die restliche Atemluft im Inneren stammt noch von König Gustav Adolf II, als er hier seine Invasionspläne für den 30-jährigen Krieg auf den Tisch gelegt hat. Bevor er bei Lützen in den sächsischen Rasen gebissen hat.

Heute folgt die Rache seiner Ahnen!

„Ist schön bei uns, da drüben wohnen die Graugänse…“

Auf deren Hinterlassenschaften ich später meinen Akrobatikmodus zuschalten muss.

„…und in dem Baum da drüben sitz eine Möse.“

Noch sind mir schwedische Gepflogenheiten in etwa so vertraut wie rohe Hundeleber als Topping für die Frühstücksflocken. Was einen eben glücklich macht.

„Sie könne hier auch Wäsche wasche, aba nur einmal die Woch oder so, nicht jede Tag.“

Die Waschmaschine, inklusive einheimischer Gebrauchsanweisung, ist das einzige Utensil in der sogenannten Küche, das garantiert irgendwas macht. Was, das werden wir noch herausfinden.

„Sie haben da eine Mikro, für warm machen von die Essen.“

Die „Mikro“ steht wackelig auf drei Beinen und starrt ängstlich aus der verlebten Existenz einer recht abgehalfterten Küchenzeile und scheint förmlich darum zu betteln aus ihrem Elend befreit zu werden. Die Tür grinst dermaßen schief, dass jeder Schrotthändler bei Abholung Aufpreis verlangen muss!

„Der Herd geht nicht.“ Um das zu verdeutlichen hat Opa die Mikrowelle einfach obendrauf gezapft wie den Hahn auf die Katze um auch das letzte Missverständnis auszuräumen.

„Und der Kühlschrank…der geht auch nicht so gut.“

Also gar nicht. Ich will ihm anbieten eine Karte für Elektroschrott zu schreiben, scheint sich zu lohnen, aber der lustige Opa präsentieret schon das Bad. Eine selbstgezimmerte mit Linoleum verkleidete Dusche mit allem ästhetischen Schnick Schnack aus den frühen 70ern. Zumindest der Wasserdruck stimmt, perforiert der Strahl doch zuverlässig alte Lederhaut und lässt jeden Kärcher blass aussehen. Dafür geht das Fenster nur noch unter Einsatz der Schwarzenegger - Schulterramme auf. Die Flügel haben sich erstklassig in dem aufgequollenen und verzogenen Holzrahmen verkeilt.  Die lüftungsbefreite, auf modernen Blödsinn verzichtende Dusche, hat in physikalischer Hinsicht ganze Arbeit geleistet.

Beim ersten Experimentierversuch mit dem zum Leben erweckten C-Schlauch zieht sich meine Frau die Stange vom Duschvorhang über den Scheitel wie das Fallbeil während der französischen Revolution. Die Schwerkraft hat schon was Verhängnisvolles!

Und wozu die Löcher in den Spanplattenwänden gut sind, erschließt sich auch nicht so ohne weiteres. Ich nehme an, Opa ist nicht mit der Überwachungsanlage fertig geworden, weil aufgrund von Lieferengpässen die Fischaugenobjektive nicht rechtzeitig lieferbar waren. Wenigstens haben die Spinnen in den unverhofft frei gewordenen Räumen zwischen den doppelten Wänden ihre Nester zimmern können.

Das Wandschränkchen über dem gerissenen Waschbecken stammt noch von einem Laubsägeunfall aus der Vorschule, denn die beiden Schiebetüren zittern sich regelrecht in ihren Fassungen von links nach rechts und der abgeblätterte Spiegel in seiner Mitte zeigt gerade noch sowas wie ein verzerrtes Konterfei aus einem Spiegelkabinett, in dem man für einen Fünfer wahlweise eierkuchenartig oder spargeldürr aussehen darf.

Die Deckenlampe im Bad ist das Wunschprodukt eines Heimwerkers mit 10 Daumen. Eine nackte Glühbirne verbreitet Gulag – Charme.

„Wird kalt hier drin, kann sein auch. Gehen sie ins Haupthaus, da ist wärmer, wenn das Wetter nicht so schön ist.“ Dabei schiebt er sich etwas ungeschickt vor den Kamin, den er doch nicht etwa auch noch klein reden will? Später stellt sich heraus, dass es wirklich besser ist, den zu ignorieren, da 2 Stahlplatten den Schornstein sonnenwärts verbarrikadieren wie Jim Bowie und sein Messer das Tor in Alamo.

Als Ersatz hängen mehrere, wenig vertrauenswürdig aussehende Elektroheizkörper schief an den Wänden. Und zwar auf eine sturmgeschädigte Art, die jede Berührung schon beim bloßen Anblick verbieten. Abgesichert sind alle elektrischen Konstrukte im Blinddarmtipi, die in ihrer Gesamtheit so funktionstüchtig sind, wie die Musikkapelle auf der Titanic, nachdem DiCaprio von der Tür gerutscht ist, mit sage und schreibe 18 Porzellan - Sicherungen. Das ist so, als hätte jeder Glühfaden seinen eigenen Manager.

Ein Kleiderschrank ist trotz der brüderlichen Nähe zu Ikea ebenfalls nur ein Produkt überbordender Fantasie, dafür gibt es eine fensterlose Räucherkammer mit diversen Stangen an der Decke und ungefähr 147 Bügeln verschiedenster Reifegrade.

„Hier können sie Sachen aufhängen, sehr praktisch.“

Wir entscheiden uns für die Koffervariante, weil wir befürchten, dass in den finsteren Ecken der Kemenate Sockentrolle wohnen, die Löcher in die Schlüpfer fressen und Jacken für den Nestbau klauen.

In unserem Anhängsel - Domizil schält sich uralte Tapete unter den Fensterbänken von der Wand, als wären auch die letzten Reste vom Tapetenkleister schon vor der Neutralitätserklärung Schwedens ins Pastellfarben - Nirvana verdunstet. Dafür spannt sie sich aber mit aufreizendem Charme faltig um die Überputzleitungen und versteckt sich hinter kitschigen bis gruseligen Wandbildern, die von der Geschmacksresistenz der Besitzer zeugen.

Dafür sind die knarzenden Betten wenigstens bequem, wenn auch klamm wie eine nasse Hundedecke.

 

Der Annex ist in etwa so reizvoll wie das Innere des Schießbudenkönigs nach der 12. Flasche Essig und ebenso vielen Freifahrten rückwärts im Kettenkarussell.

Und trotzdem schlafen wir in der gruseligen Hütte, die wie aus einem verschollenen Lars von Trier - Drehbuch wirkt, beinahe babygleich. Ich fühle mich hier morgens so ausgeruht, wie seit Jahren nicht mehr.

Kein Fernseher, kein Internet, eine halbe Rolle Klopapier für 14 Tage und 2 Dutzend alte National Geographic Ausgaben aus den 90ern scheinen zu reichen, um einen entspannten Urlaub in ein aufregendes Survival Abenteuer zu verwandeln.

 

Und das ist unbezahlbar!